Ein Märchen und doch keines
Zwischen Aufwachen und Aufstehen denkt mein Gehirn sich
manchmal Texte aus. Den folgenden habe ich gleich aufgeschrieben,
weil ich ihn für meine Kursteilnehmer gut brauchen kann. Und dann
habe ich mir gedacht, dass vielleicht auch manch ein(e) Blogleser(in)
neugierig darauf ist.
Stell Dir vor: Jahrelang warst du diätstrafversetzt und jetzt
steht Dir das Tor zur Freiheit offen. Vor Dir erstreckt sich eine Landschaft
mit bunten, liebevoll zurechtgemachten Tellern, dazwischen Wasserkrüge und
hübsche Teetassen. An den Bäumen und Sträuchern wachsen Bälle, Sportschuhe,
kleine Hanteln, schicke Sportkleider, Flexibänder… Jetzt erkennst Du auch einen
Weg, der sich da windet bis zum Horizont. Dort, bei der aufgehenden Sonne
siehst Du Deine Wunschgewichtszahl. Aber vor Dir, entlang des Weges, stehen in
gleichmäßigen Abständen eine Art Kilometersteine. Ach nein, das sind ja
Kilomarken, Etappenziele!
Neben jedem dieser Steine steht eine kleine Schatzkiste mit der
Aufschrift „Belohnung“.
Du stehst auf der Schwelle und machst Deine ersten zaghaften
Schritte. Das bekannte Unglück fühlt sich noch sehr gewohnt an. Das unbekannte
Glück ist noch so neu, so anders. Aber Du gehst tapfer Schritt für Schritt. In
lauschigen Ecken hie und da findest Du eine einladende Staffelei mit Farben
oder Musikinstrumente, fröhliche Geselligkeit oder Schreibstifte und ein noch
leeres Geschichtenbuch.
Mit dabei ist auch immer ein Spiegel, der Dir fröhlich
entgegenlacht: „Du bist schön.“
An jedem Tag genießt Du Dein Dasein und machst weitere Schritte,
Du übst, fällst auch mal ins Gras, schmunzelst über Dich selber, rappelst Dich
wieder auf, richtest Deine Krone und gehst weiter. Krone??? Oh ja, Du bist
Gottes geliebte Prinzessin.